In Maßen - nicht in Massen

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von Dr. Günter Neumann

Alle technischen Neuerungen der letzten Jahrzehnte waren im Entwicklungs- und Erprobungsstadium immer nur den Spezialisten für eine Nutzung zugänglich. Mit Einführung in die Praxis hatten Privilegierte in zunehmendem Maße die Möglichkeit der Nutzung. Die Privilegierten waren entweder berufsbedingt mit der neuen Materie befasst wie z.B. Erstanwender oder aber Anwender mit einer bevorzugten gesellschaftlichen Stellung bzw. großen Kaufkraft. Mit zunehmender Verbreitung der Neuerung fielen die Preise, weil große Stückzahlen bekanntlich die Produktion verbilligen. Damit wird die Neuerung der Allgemeinheit zugänglich. Die weitere Entwicklung der Neuerung bringt eine immer einfachere Bedienung mit sich, Wartungsaufwand und Fehleranfälligkeit verringern sich. Damit wird die Nutzung für die breite Masse möglich. Auch die Menschen, die wenig Bildung und Geld und keine bevorzugte gesellschaftliche Stellung haben, kommen nun als Nutzer in Frage. Von der jetzt erreichten großen Masse der Anwender braucht nur ein kleiner Prozentsatz sich für die Neuerung überdurchschnittlich zu begeistern, und schon hat sich eine aus dem privaten und öffentlichen Leben nicht mehr wegzudenkende neue Disziplin entwickelt, deren Enthusiasten natürlich von sich reden machen. Unter Umständen werden gesellschaftliche Statussymbole damit verbunden. Ist das Neue zur Gewohnheit geworden, geht das Ganze auf ein gemäßigteres Niveau zurück, wird zum selbstverständlichen Bestandteil der Gesellschaft. Im Fortgang der Entwicklung werden diese Neuerungen von nachfolgenden abgelöst, aber der Verlauf ist ähnlich.

Die aktuellen Beispiele sind der Computer und das Internet. Während früher nur Spezialkräfte der Rechenzentren und der Fernmeldetechnik datenmäßig kommunizieren konnten und jede Minute Rechenzeit bestellt und bezahlt werden musste, kann sich heute fast jeder diese Dienste in eigener Regie zunutze machen. Allerdings ist es Aufgabe des Staates in der Erziehung der Kinder und Führung der Erwachsenen für die Einhaltung der Wertmaßstäbe zu sorgen. Und diese müssen erst einmal vermittelt werden. Aber dazu muss man sie erst einmal festlegen, und zwar nicht durch autoritätsheischende Politiker, auch nicht durch profitorientierte Unternehmer, sondern durch kompetente und sich dem ganzen Volk verpflichtet fühlende Sachkundige.

Ein weiteres Beispiel ist der Amateurfunk. Wer früher über Funkkommunizieren wollte, musste sich die Geräte selbst bauen, Prüfungen ablegen, sich mit Gleichgesinnten organisieren, strenge Disziplin wahren. Wer das ernsthaft durchhalten wollte, war nebenberuflich stark gefordert. Da früher aus technischen Gründen fast nur auf Kurzwelle und deshalb häufig nachts gearbeitet werden musste, wurden die Kurzwellenamateure auch als »Club der Bettschoner« bezeichnet. Jetzt kann jeder Sprechfunkgeräte kaufen und bedienen, ohne Spezialkenntnisse, ohne Prüfung. Zu beobachten waren die CB-Funk- und die Walkie-Talkie-Hysterie, die des Handys ist noch voll im Gange. Wer auf sich hält, geht nur mit Handy. Inzwischen etabliert sich die Gegnerschaft: wer auf sich hält, will ohne Handy gesehen werden.

Ähnliches kann man bei Kraftfahrzeugen feststellen. Auch hier hat der Masseneinsatz im Freizeitbereich dazu geführt, dass man vom vielen Autofahren des Spaßes wegen abgeht, weil es eben zu viele machen und dann kein Spaß mehr ist. Das schicke Auto ist auch kein Statussymbol der Wohlhabenheit mehr, fast alle ihre Besitzer sind verschuldet durch die Kredite. Und man bevorzugt in verstärktem Maße andere Fortbewegungsmittel. Nur die Fan-Gemeinde der Autoliebhaber, die entweder gern basteln oder wilde Sau spielen wollen, findet sich wieder zusammen.

So ließen sich die Beispiele bei den Audio-/Video-Amateuren, bei den Foto-Freunden usw. fortführen. In allen Disziplinen war in der Vergangenheit feststellbar, nach dem Verlust des Neuigkeitswertes erfolgt der Konsum in Maßen und nicht mehr in Massen, denn das Konsumtionsvermögen der Volksmassen ist begrenzt.

Es ist also anzunehmen, dass der Internet-Computer wie der Fernseher ein Bestandteil unseres täglichen Lebens werden wird, und nur die Fans werden es wie immer übertreiben !!!

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