File 003 - AlterNIC und das DNS

netplanet - The I-Files Werbung

Einer der schillernsten Figuren in der Welt der Top-Level-Domains war ohne Frage die US-amerikanische Firma AlterNIC und dessen Gründer Eugene Kashpureff.

Kashpureff missfiel der Umstand, dass das InterNIC Mitte der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts seiner Ansicht nach ein Monopol auf die Top-Level-Domains ".com", ".net" und ".org" hatte und der Netzgemeinde durch angebliche Restriktionen den vollen Zugriff auf die Namensräume der obigen Top-Level-Domains vorenthielt. Das InterNIC war damals ein Joint Venture zwischen der US-Regierung und der Firma Network Solutions und damit beauftragt, netzspezifische Ressourcen wie Top-Level-Domains und IP-Adressen zu verwalten.

Er gründete deshalb eine eigene Firma namens AlterNIC und richtete einen eigenen Nameserver ein, der so bizarre Top-Level-Domains wie ".gay", ".globe", ".kids" oder ".sex" führte. Dazu richtete er noch eine eigene Registrierungsstelle ein, bei dem Domains unterhalb dieser Top-Level-Domains beantragt werden konnten. Im Oktober 1998 führte der Nameserver von AlterNIC insgesamt 59 Top-Level-Domains, die meisten im Auftrage von Firmen, da AlterNIC (gegen entsprechend Cash) auch das Einrichten von eigenen Top-Level-Domains vornahm.

Der einzige und entscheidende Haken an der ganzen Sache war, dass alle Domains und Top-Level-Domains, die von AlterNIC betrieben werden, nicht über die offiziellen Root-Server im Internet abrufbar waren, sondern nur über Nameserver, die den Primary Nameserver von AlterNIC spiegelten. Dies war praktisch kein Nameserver im Internet, da diese Einstellungen von Hand gemacht werden mussten und zudem das Problem bestand, dass dann alle Domain-Abfragen an den Nameserver von AlterNIC weitergeleitet werden mussten, auch für im Internet bestehende Top-Level-Domains. Dies war für die meisten Internet-Provider eine unhaltbare technische Forderung, da AlterNIC eine bei weitem nicht so sichere Server-Struktur aufweisen konnte, wie das traditionelle Root-Server-System im Internet.

Der ungepflegte Eindruck von AlterNIC verstärkte sich jedoch, wenn man sich das Vorstrafenregister von Kashpureff etwas näher anschaute. Im Juli und August 1997 hatte sich Kashpureff selbst durch eine Aufsehen erregende Aktion in die Schlagzeilen einschlägiger Fachblätter und renommierten Zeitungen gebracht:

Kashpureff hackte zweimal den Primary Root-Nameserver, der vom InterNIC im Auftrag der IANA betrieben wird und allen Nameservern als oberste Autorität dient. Dazu nutzte er eine Schwachstelle des Nameserver-Software BIND aus, um bestehende Domain-Informationen zu verändern. Unter anderem änderte er bei einem Hackangriff den Domain-Eintrag des InterNIC so um, dass alle Anfragen, die an den Webserver "www.internic.net" gerichtet waren, an den AlterNIC-Webserver "www.alternic.net" weitergeleitet wurden.

Dieser Hackerangriff blieb nicht ohne Folgen: Network Solutions - der Betreiber des InterNIC - erstattete umgehend Anzeige gegen Eugene Kashpureff, genau wie einige US-Provider, die angaben, durch diesen Hackerangriff zu Schaden gekommen zu sein. Zwar entschuldigte sich Kashpureff schon nach wenigen Tagen für den Vorfall öffentlich beim InterNIC und bei der Netzgemeinde, jedoch wurde er von der US-amerikanischen Bundespolizei FBI gesucht, schließlich in Kanada ausfindig gemacht und dort festgenommen. Nach einigen Wochen wurde er in die USA ausgeliefert.

Daraufhin wurde Kashpureff in den USA verklagt und im August 1998 zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung und einer geringen Geldstrafe verurteilt, nachdem er sich im März 1998 während seiner Verhandlung für schuldig erklärt hat.

Eugene Kashpureff schrieb mit seiner Firma AlterNIC und seinem spektakulären Hack nur ein kleines Kapitel in der Internet-Geschichte. Der Hack auf den Nameserver des InterNIC zeigte jedoch auf, wie verwundbar das Internet sein kann, wenn Schwachstellen in Software dazu ausgenutzt werden kann, ganze Dienste im Internet zu beeinträchtigen.

WERBUNG
Zum Beginn dieser Seite